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Gegenüber dem Jahr 2013 wuchs der Umsatz mit CRM Systemen in 2014 um stattliche 13,3% auf nunmehr 23,2 Mrd. Dollar. Davon profitierten insbesondere die beiden großen Anbieter SalesForce und Microsoft, so die Analysten von Gartner. Dem gegenüber zeichnet die Miller Heiman Studie schon seit Jahren ein anderes Bild der CRM-Akzeptanz im Vertriebsalltag. Auf der einen Seite stehen einige wenige Unternehmen, die erfolgreich ihr CRM nutzen und dieses als wichtiges

Wozu Daten erfassen, wenn niemand an sie glaubt?

Produktivitätswerkzeug begreifen. Diesen steht auf der anderen Seite eine, besonders in Deutschland sehr große, Anzahl von Verkäufern gegenüber, die keinen Nutzen in ihrer CRM-Anwendung erkennen können. Dieser Artikel versucht, die Gründe für diese augenscheinliche Diskrepanz aufzudecken und Handlungsempfehlungen für eine bessere Nutzung bestehender und geplanter CRM-Systeme zu geben.

Das CRM-System: mehr als eine Kundendatenbank?

Bevor wir in die Nutzendiskussion tiefer einsteigen, sollten wir zunächst einmal klären, was unter CRM -Systemen zu verstehen ist und wie sich deren Einsatzfelder unterscheiden. Basierend auf relationalen Datenbanksystemen bieten CRM-Systeme eine Möglichkeit, kundenrelevante Informationen strukturiert zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen. Mittels entsprechender Schnittstellen zu anderen Systemen (z. B. ERP oder Web-Shops) ist es so möglich, ein umfassendes und konsistentes Bild über die Kundenbeziehung zu erhalten. Insbesondere im B2C Geschäft sind deshalb CRM-Systeme aus dem Vertriebsalltag nicht mehr wegzudenken. Denn hier spielen sie auch ihre Stärken aus. Wechselnde Verkäufer interagieren kurzfristig mit vielen Kundenkontakten: sie kommunizieren via Telefon und E-Mail, erstellen Angebote, schließen Verträge ab, bearbeiten Beschwerden und Reklamationen. Kurz: Es geht um Fakten und Detaildaten, die schnell allgemein verfügbar sein müssen. Betrachten wir demgegenüber den B2B Vertrieb, so stellt sich die Lage differenzierter dar. Auch hier werden wieder Kontakt-, Kunden- und Projektdaten erhoben und gespeichert. Aber es gibt mehrere wesentliche Unterschiede: Die Kundenbeziehung ist in der Regel längerfristig angelegt, der Verkäufer betreut meist eine begrenzte Anzahl von Kunden und ist deren primärer Ansprechpartner und schließlich sind die Verkaufszyklen zwischen Erstkontakt und Verkaufsabschluss zumeist deutlich länger. Vor diesem Hintergrund verliert der Vorteil einer konsistenten Datenhaltung an Wert, denn der Verkäufer ist primär Einzelkämpfer und damit auch mittels anderer Werkzeuge in der Lage, seine Kundendaten zu organisieren: via Outlook und Office auf elektronischem Wege oder traditionell mit Kalender, Notizblock und Visitenkarte. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Je komplexer ein Verkaufsprozess wird, desto weniger leicht ist er in Form von harten Zahlen, Daten und Fakten abzubilden. Die Anzahl von Datenfeldern für freien Text nimmt zu, und gleichzeitig nimmt die Informationsgüte der eingetragenen Daten ab. Es entsteht Interpretationsspielraum, der von jedem Verkäufer nach eigenem Gusto gefüllt wird – oder eben nicht. Folgerichtig stehen viele B2B Verkäufer dem CRM eher kritisch gegenüber: Die Datenpflege bedeutet zusätzlichen Aufwand, der nur einen geringen persönlichen Nutzen bringt. Das CRM-System wird vor allem als Managementtool wahrgenommen, in das Daten eingegeben werden müssen, damit „die da oben“ eine Möglichkeit haben, Auswertungen zu fahren, den Druck zu erhöhen oder den Verkäufer problemlos durch andere Personen zu ersetzen. In Summe muss ein CRM-System also für den Verkäufer einen Nutzen liefern, damit er bereitwillig mit der Anwendung arbeitet und nicht nur Daten einklopft „damit was drinsteht“.

Henne oder Ei: CRM-System versus Verkaufsprozess

Grundsätzlich investieren Unternehmen dann in Softwareanwendungen, wenn diese eine Produktivitätssteigerung gegenüber der herkömmlichen Abbildung eines

Wozu ein CRM System, wenn es Outlook gibt?

Unternehmensprozesses versprechen. Entsprechend propagieren Softwarehersteller und Berater, mittels des CRM den Verkaufsprozess abzubilden und zu unterstützen. Doch oftmals besteht hier ein grundsätzliches Dilemma: Es gibt überhaupt noch keinen definierten Verkaufsprozess. Übertragen wir diese Ausgangslage einmal auf einen anderen Unternehmensbereich, beispielsweise die Buchhaltung. Wenn Sie eine entsprechend gute Software einführen, die den Kontenrahmen komplett abbildet und einige Buchungsvorlagen enthält, funktioniert die Buchhaltung von selbst. Sie brauchen also keine ausgebildeten Buchhalter mehr. Unsinn? Ja, natürlich! Aber mal ganz ehrlich: Wann und wie werden die Verkäufer denn bei der Implementierung eines CRM-Systems geschult? Lernen Sie die Bedienung des Systems, oder auch, was sie warum eintragen sollen? Und sorgt das Vertriebsmanagement nach der Implementierung dafür, dass die definierten Prozesse auch eingehalten und qualitativ richtig umgesetzt werden? In der Buchhaltung bin ich mir da sehr sicher. Im Vertrieb erlebe ich oft etwas anderes … Letztlich ist also jedes CRM nur so gut, wie der Vertriebsprozess, den es abbildet. Ohne definierten Verkaufsprozess macht auch ein CRM keinen Sinn.

Auf dem Weg zur idealen Implementierung

Zu einem funktionierenden und „nützlichen“ CRM-System kommt man also nur auf dem traditionellen Weg aller Softwareprojekte: Pflichtenheft, Pilotprojekt und schließlich Implementierung. Zu diesem Schluss kommt auch David Taber, der sich Mitte vergangenen Jahres mit „9 unbequemen Wahrheiten über CRM Projekte“ auseinandergesetzt hat .

Das Pflichtenheft: die Definition des Verkaufsprozesses

Die Istaufnahme schafft das Fundament für alle weiteren Projektschritte. Entsprechend sorgfältig und ausführlich sollte sie auch durchgeführt werden. Durch die Einbeziehung von Key-Usern aus dem Vertrieb besteht schon hier die Möglichkeit, frühzeitig für einen Interessenausgleich zwischen Vertriebsmanagement und den Verkäufern zu sorgen. Zudem wird sichergestellt, dass das Wissen aus dem Fachbereich Vertrieb umfassend in die Beschreibung des Istzustandes einfließt. Als nächster Schritt wird der Sollzustand des Vertriebsprozesses definiert. Schon hier wird die Grundlage für die spätere Qualität der Vertriebsdaten gelegt. Die Auftragswahrscheinlichkeit soll dies als Beispiel verdeutlichen. Dieser Prozentwert wird zumeist herangezogen, um einen gewichteten Auftragswert als Produkt aus Wahrscheinlichkeit und Auftragssumme zu berechnen und dient oft als Grundlage für Umsatzprognosen. Der Verkaufsprozess sollte klar definieren, unter welchen Voraussetzungen welche Wahrscheinlichkeit zu verwenden ist. Überlassen Sie dem Verkäufer die freie Wahl, einen beliebigen Wert einzutragen, oder bieten Sie nur verschiedene vorgegebene Werte zur Auswahl, erhalten Sie inkonsistente Daten: Während Verkäufer A das Verkaufsprojekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % einstuft, kommt der optimistischere Verkäufer B bei einem vergleichbaren Projekt auf 80 %. Weitere Themenbereiche, welche ähnliche Vorüberlegungen erfordern, sind beispielsweise das erwartete Auftragsdatum, die Definition des Entscheiders oder die Wettbewerbssituation. Deshalb ist dies ein guter Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, ob eine bestehende Vertriebsmethode für die Umsetzung verwendet werden kann. Denn in aller Regel bietet eine etablierte Methode Antworten zu derartigen Fragestellungen. Natürlich kann auch ein eigener methodischer Ansatz entwickelt werden. Diese Vorgehensweise birgt allerdings gerade in größeren Organisationen die Gefahr, dass divergierende Interessenlagen einzelner Vertriebsbereiche zu einer „Verwässerung“ des Gesamtprozesses führen. Mit dem Hinweis „unser Geschäft funktioniert aber ganz anders“ wird in diesem Stadium manchmal schon die Hintertür für den späteren Ausstieg aus der gemeinsamen CRM-Nutzung gelegt. Deshalb die Empfehlung: Eine gute Verkaufsmethode ist flexibel genug, um eine grundlegende Konzeption des Prozesses zu gewährleisten. Individuelle Anpassungen sind beim Rollout immer noch möglich! Aus Methode und Sollzustand entsteht schließlich der definierte Verkaufsprozess. Dieser wiederum bildet die Grundlage für das Pflichtenheft, welches zusammen mit weiteren Vorgaben (z. B. zu Zugangsmöglichkeiten, Datensicherung, Softwarearchitektur, Schnittstellen zu anderen Anwendungen etc.) für die Auswahl der Lösung herangezogen wird.

Das Pilotprojekt: sicherstellen, dass es passt

Mit einer definierten Gruppe von Anwendern sollte nun erprobt werden, ob die Theorie in der Praxis auch wie geplant funktioniert. Auch hier gilt wieder der Grundsatz, das Feedback der Anwender angemessen zu berücksichtigen und die Gesamtlösung bei Bedarf anzupassen. Soviel, dass die Akzeptanz gegeben ist, gleichzeitig aber so wenig, dass der Prozess konsistent bleibt. Apropos Akzeptanz: Unabhängig davon, für welche Art von Vertriebsmethode Sie sich entschieden haben. Spätestens im Pilotprojekt wird sich zeigen, dass Methode und System nur dann wirklich genutzt werden, wenn beide sich gegenseitig stützen und vor allem ohne zusätzlichen Aufwand umgesetzt werden können. Die Methode Ihrer Wahl sollte unbedingt vollständig im CRM-System abgebildet sein. Und die Verkäufer müssen so geschult werden, dass sie die Methode und auch die Anwendung in vollem Umfang beherrschen.

Die Implementierung: Mit dem Rollout der Anwendung fängt es erst an

War der Pilot erfolgreich und sind die notwendigen Anpassungen vorgenommen worden, kann nun die Implementierung in der Organisation erfolgen. Der Rollout der Anwendung ist hiervon letztlich nur ein Aspekt. Definitionsgemäß führen Sie nämlich nun einen neuen, sehr komplexen Prozess ein, der vom CRM lediglich abgebildet wird. In diesem Sinne ist das CRM nur eines von mehreren Werkzeugen. Die Aufgabe der Vertriebsleitung besteht nun darin, sicherzustellen, dass dieses Werkzeug (und natürlich auch die Methode) fachgerecht angewendet werden. Es hat sich bewährt, in Vertriebsmeetings regelmäßig einzelne Verkaufsprojekte auf Basis der CRM-Daten zu besprechen. Durch einen kooperativen Coachingansatz kann das Vertriebsteam gemeinsam den Prozess anwenden und erkennt, wo die Vorteile und, ganz wichtig, der persönliche Nutzen liegen. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ihr Buchhaltungsprozess wird regelmäßig gelebt und überprüft, Ihr Produktionsprozess ebenso. Für Ihren Vertriebsprozess sollte das Gleiche gelten!

Resümee

Das Missverständnis zum Thema CRM im B2B Vertrieb ist also letztlich auf zwei Fehleinschätzungen zurückzuführen: Der irrigen Annahme, ein EDV System könne einen strukturierten und definierten Prozess ersetzen auf Seiten der Vertriebs- und oder Geschäftsleitung. Und dem ebenso irrigen Anspruch der Verkäufer, Vertrieb sei eine individuelle Kunst, die sich nicht in die Schablone eines Prozesses und damit in eine Anwendung pressen lasse. Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte: Wenn beide Seiten es schaffen, ihre Positionen einander anzugleichen ist die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung des Themas Vertriebsprozess-CRM gelegt. Ich wünsche Ihnen dabei eine sichere Hand und gutes Gelingen.

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